Bischof Wüstenberg zu Gast: „Kirche muss an der Seite der Armen stehen“

Bischof Wüstenberg spricht im Herz-Jesu-Kloster Neustadt über die Kirche in Südafrika und Deutschland
Autor
Deutsche Ordensprovinz der Dehonianer SCJ
Datum
10.10.23

„Überall auf der Welt gibt es ein anderes Kirchenbild. Überall stellen sich die Menschen andere Fragen. Wenn wir uns zu Recht „katholische Kirche“ - im Wortsinn „allumfassende Kirche“ – nennen wollen, dann müssen wir alle diese Bilder und Fragen würdigen.“

Der Oktober ist Weltmissionsmonat. Im Bistum Speyer, in dem das Herz-Jesu-Kloster Neustadt liegt, geben Projektpartnerinnen und Projektpartner von missio spannende und interessante Einblicke in die Situation in ihren Heimatländern. Zeitlich passend, ist auch der emeritierte Bischof Dr. Michael Wüstenberg zu Gast im Bistum. Von ihm stammt das Zitat am Anfang dieses Textes.

Beim Gespräch in Neustadt mit dem ehemaligen und dem jetzigen Missionsprokurator, Pater Horst Steppkes SCJ und Pater Gerd Hemken SCJ, spricht er über die Kirche in Südafrika und in Deutschland.

In Südafrika lebte er von 1992 bis 2017, zunächst als Priester, später arbeitete er am Lumko Institut, das aktiv mit der Frage umgeht, wie Laien in Gemeinden wirkliche Mitverantwortung übernehmen können. Daraus sind nach und nach verschiedene Schulungsprogramme für pastorale Aufgaben entstanden.  Ein Jahr lang lehrte Wüstenberg am Priesterseminar in Pretoria und war schließlich von 2008 bis 2017 Bischof von Aliwal. Seither lebt er im Bistum Hildesheim.

Von einem Priester, sagt Bischof Wüstenberg, sei natürlich in erster Linie zu erwarten, „dass er Gott und die Menschen liebt“, dass er Vorbild sein kann. Leben und Glaube in Beziehung zu bringen, sei wichtig. Weil es aber auch in Südafrika zu wenig Priester gibt, wurden hier in der Vergangenheit viele Laien ausgebildet und in die Verantwortung gebracht für die Leitung von Gemeinden. Sie feiern Wortgottesdienste, halten Beerdigungen, sind an der Seite der Menschen. Eine große Bedeutung kommt im Alltag dem Bibel-teilen zu, als eine Methode, das Leben im Licht des Glaubens zu sehen.

Das Leben im Licht des Glaubens sehen

Priester sind nach Auffassung von Wüstenberg immer auch dem Anliegen verpflichtet, sich den Armen zuzuwenden, den Menschen, die am Rand stehen, die katholische Soziallehre wachzuhalten, sensibel zu sein für die jeweilige Kultur. „Wenn wir auch auf Fragen wie Geburt, Tod oder Ehe aus dem Licht des Glaubens schauen, dann hat das Einfluss auf unser Tun und unser Leben. Dann kann es sich radikal verändern!“

In einem Buch hat Wüstenberg alle seine Briefe und Rundschreiben gesammelt, die er im Lauf der Jahre in Südafrika verfasst hat. Sie geben ein deutliches Bild von dem ab, was ihn umgetrieben hat: Die prekäre soziale und wirtschaftliche Lage in Südafrika, Ungerechtigkeiten und Gewalt – aber auch soziale Einrichtungen, Bildungsangebote und immer wieder die Befähigung von Laien, kleine christliche Gemeinschaften zu leiten: den Menschen „ein Leben in Fülle“ zu ermöglichen, gemeinsam aus dem Glauben heraus die Gemeinschaft zu gestalten.

„Wir sollen Diener der Freude sein, aber für wieviel Ärger sorgen wir?“, fragt er. - „Uns ist der Dienst der Versöhnung aufgetragen“, sagt er emeritierte Bischof an einer Stelle, und im Hinblick auf die katholische Kirche und die derzeitige Bischofssynode ist er überzeugt: „Es muss sich etwas ändern, wir müssen uns versöhnen miteinander, damit etwas Neues freigesetzt werden und sich Neues entwickeln kann.“

Er ist überzeugt, dass mehr Regionalisierung der katholischen, weltweiten Kirche guttun würde: „Wir müssen in aller Verschiedenheit Antworten finden auf die drängenden Fragen, damit wir überall gut leben können mit unserer Kirche.“

100 Jahre Herz-Jesu-Priester in Südafrika

Im November wird Bischof Wüstenberg nach Südafrika reisen. Dann feiern wir ein großes Jubiläum: Seit 1923 sind Herz-Jesu-Priester in Aliwal tätig.