Von Brasilien nach Berlin: Pater Cleber Sanches

Priester am Altar
Autor
Deutsche Ordensprovinz der Dehonianer SCJ
Datum
21.2.25

Pater Cleber Sanches SCJ ist neues Mitglied der Berliner Kommunität. Am 6. Februar ist er angekommen, seither lernt er die Stadt, seine Berliner Mitbrüder und die Gemeinde Corpus Christi kennen und arbeitet an verschiedenen Stellen mit.
Im Interview berichtet er, dass es schon nach seinem Studium in Freiburg sein Wunsch war, eines Tages nach Deutschland zurückzukehren.

Hallo Pater Cleber, bitte erzählen Sie ein wenig von sich.

Ich wurde am 7. Dezember 1977 in Varginha, Minas Gerais, geboren – einer Region im Südosten Brasiliens, die für ihre tiefe katholische Tradition und ihre berühmten portugiesischen Kirchen bekannt ist. In dieser Stadt bin ich aufgewachsen und habe meine Schulzeit am Colégio Marista verbracht, wo ich meine ersten bewussten Schritte im Glauben und in der Berufungsfindung machte. Im Jahr 1995 trat ich in das Seminar von Lavras ein, ebenfalls in Minas Gerais, wo ich das Gymnasium abschloss. 1997 begann ich das Postulat in Curitiba, im Süden Brasiliens. Mein Noviziat absolvierte ich 1998 in Jaraguá do Sul, ebenfalls im Süden des Landes.
Von 1999 bis 2001 studierte ich Philosophie in Brusque und setzte meine praktische Ausbildung von 2002 bis 2003 im Rahmen des Praktikums in Cuiabá, im Zentrum Brasiliens, fort – etwa 2500 km von meiner Heimatstadt entfernt.
Im Jahr 2003 kam ich nach Deutschland, wo ich bis Ende 2008 lebte. Am 6. Dezember 2009 wurde ich in meiner Heimatstadt Varginha zum Priester geweiht, im Beisein meiner Familie, der Gemeinde sowie zahlreicher Freunde und Mitbrüder aus Deutschland, darunter Bischof Heiner Wilmer, der damals Provinzial war.
Meine Berufung zu den Herz-Jesu-Priestern begann in meiner Heimatpfarrei, die von Herz-Jesu-Patres betreut wird. Als ich mit dem Pfarrer über meine Berufung sprach, empfahl er mir, ins Seminar von Lavras zu gehen. Zu dieser Zeit wusste ich noch nicht, dass es einen Unterschied zwischen diözesanen Priestern und Ordenspriestern gibt oder was genau eine Kongregation bedeutet. Mit der Zeit durfte ich die Spiritualität der Herz-Jesu-Priester immer tiefer entdecken und fand in ihr meine geistliche Heimat.

Was haben Sie in den letzten Jahren in Brasilien getan?

Nachdem ich aus Deutschland nach Brasilien zurückgekehrt war, wurde ich zum Diakon geweiht und Ende 2009 zum Priester. Bereits als Diakon begann ich meine Lehrtätigkeit an der Faculdade Dehoniana in Taubaté, Bundesstaat São Paulo. Dort unterrichtete ich 16 Jahre lang ununterbrochen im Fachbereich Philosophie. Zudem war ich stellvertretender Direktor der Fakultät und Koordinator des Philosophiestudiengangs. Diese Zeit war ein wunderbarer Abschnitt meiner Geschichte. Während dieser Jahre absolvierte ich meinen Master und meine Promotion an der Päpstlichen Katholischen Universität von São Paulo. Ende 2024 veröffentlichte ich das Buch "Das Individuum vor Gott nach Søren Kierkegaard", das sich mit dem dänischen Philosophen beschäftigt, den ich in meiner Dissertation studiert habe. Derzeit arbeite ich an einem weiteren Buch.

Warum sind Sie nach Deutschland gekommen? Was war Ihre Motivation, worauf freuen Sie sich?

Ich bin nach Deutschland gekommen, um am Brasilien-Deutschland-Projekt mitzuwirken. Meine Studienzeit in Freiburg war eine sehr bereichernde Erfahrung, und schon damals hatte ich den Wunsch, eines Tages nach Deutschland zurückzukehren, nachdem ich meiner brasilianischen Provinz gedient hatte. Nun ist dieser Moment gekommen. Anfang letzten Jahres besuchte der Provinzobere Pater Stefan Tertünte Brasilien anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Faculdade Dehoniana. Während dieser Feierlichkeiten vereinbarten wir, dass ich im Juli nach Berlin kommen würde, um Pater Jacinto Weizenmann zu vertreten, der in den Urlaub nach Brasilien reiste. Diese Vertretung dauerte vom 26. Juni bis zum 6. August. In dieser Zeit war ich in Berlin und besuchte einige unserer Gemeinschaften, darunter Handrup, Neustadt und Freiburg. Ich hatte auch die Gelegenheit, unsere neue Gemeinschaft in Nijmegen, Niederlande, kennenzulernen.  
Ich bin sehr dankbar für meine langjährige Tätigkeit in der Bildung in Brasilien, insbesondere als Dozent für die Geschichte der Philosophie. Es war mir eine große Freude, Seminaristen sowie Laien beim intellektuellen Wachstum zu begleiten und zu unterstützen.

Was ist im Moment Ihre Aufgabe, was ist langfristig geplant?

Derzeit ist meine Hauptaufgabe, mit meinen Mitbrüdern in Berlin Gemeinschaft zu leben und die Messfeiern in der Kapelle des Klosters sowie in der Kirche Corpus Christi zu unterstützen. Langfristig ist geplant, dass ich in Berlin bleibe und Pater Weizenmann in der Pastoral und Liturgie unterstütze. Anfang März wird der Provinzial zu einem persönlichen Gespräch nach Berlin kommen, um weitere Schritte zu klären. Ich bin offen für neue Aufgaben und freue mich darauf, wohin mein Weg mich führen wird. Besonders bereichernd finde ich meine Erfahrungen in der Gemeinde Corpus Christi. Die Menschen dort sind sehr herzlich, die Gottesdienste sind gut besucht, und die musikalische Gestaltung mit der Orgel am Sonntag ist beeindruckend.

Wie waren die ersten Tage in Berlin – was haben Sie schon gesehen, erlebt, wahrgenommen?

Wie bereits erwähnt, war ich im letzten Jahr schon einmal in Berlin und habe viele bekannte Sehenswürdigkeiten besucht. Ich bin viel durch die Stadt gelaufen, habe Menschen kennengelernt und neue Eindrücke gesammelt. Besonders beeindruckend fand ich den Jüdischen Friedhof. Mein noch unveröffentlichtes Buch beschäftigt sich mit einem verwandten Thema, sodass ich diesen Ort bewusst besucht habe. Natürlich habe ich auch weitere Friedhöfe besucht, auf denen bedeutende Philosophen begraben sind, darunter der Idealist Friedrich Hegel, den ich in meiner Dissertation intensiv behandelt habe.
Das Leben in unserer Berliner Gemeinschaft unterscheidet sich stark von meiner bisherigen Erfahrung in Brasilien. Dort lebten wir in einer Pfarrhausgemeinschaft mit drei Patres, begegneten uns jedoch nur zweimal täglich - zum Morgengebet und beim Mittagessen -, da ich vormittags an der Fakultät unterrichtete und die Pfarrarbeit sehr fordernd war. Wir hatten an jedem Wochentag zahlreiche Beichtgelegenheiten, Abendmessen und pastorale Treffen. Auch an den Wochenenden war unser Engagement in der Seelsorge sehr intensiv. Hier in Berlin ist das Tempo anders: weniger hektisch, mehr Stille, mehr Zeit zum Nachdenken, Beten und Spazierengehen – trotz der eisigen Temperaturen. Das klösterliche Leben, das mir in Brasilien fehlte, kann ich hier in gewisser Weise wieder erfahren, wie ich es früher während meiner Ausbildungszeit in Brasilien und Freiburg kannte. Es ist eine wertvolle Lernzeit. Ich spreche mit den Menschen nach den Gottesdiensten, begrüße sie an der Kirchentür und verbessere nach und nach mein Deutsch.
In der Gemeinde Corpus Christi erlebe ich eine lebendige Kirche. Eine Sache, die mich überrascht hat, ist die präsente evangelische Tradition: In Berlin gibt es viele beeindruckende Kirchen, die nicht katholisch sind. Dieses Phänomen ist mir bereits im letzten Jahr aufgefallen. Es bleibt für mich eine ungewohnte Erfahrung, vor großen historischen Kirchen zu stehen und zu realisieren, dass sie nicht zur katholischen Kirche gehören.

Was haben Sie sich für die ersten Wochen vorgenommen?

Ich bin am 6. Februar in Berlin angekommen, und Pater Markus Mönch hat mich vom Flughafen abgeholt. Mein erster Gedanke war: "Erinnere dich daran, dass dies nun dein Zuhause ist, und das ist das Wichtigste." Ich habe mich sofort in den Rhythmus der Gemeinschaft eingefügt, mit dem gemeinsamen Morgenlob, der eucharistischen Anbetung – die ein wesentlicher Bestandteil unseres Charismas ist – sowie der Feier der heiligen Messe. Bereits am Tag nach meiner Ankunft begann ich mit der Zelebration. Ich fühle mich im Kloster und mit meinen Mitbrüdern sehr wohl.
Mein zweites Ziel war, mein Deutsch weiter zu verbessern. Ich lese täglich, höre Radio, sehe mir ganz unterschiedliche Fernsehsendungen an.